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Die oberen Zehntausend


Foto: Public DomainDer Privat-Jet: Exklusives Transportmittel und Status-Symbol sehr wohlhabender Menschen. Foto: Josh Beasley (CC BY 2.0)

Wie ungerecht ist die (globale) Wohlstandsverteilung? Fehlen den Staaten die Mittel für wichtige öffentliche Aufgaben - weil sie Reiche zu gering besteuern? Diese Fragen werfen Henriks Thesen auf...


Ein Beitrag von Henrik


Wer hat, dem wird gegeben. Dies ist ein jahrtausendealtes Phänomen menschlichen Miteinanders. In der Bibel wird es gar als Gott gegebenes Gesetz gepriesen und jahrhundertelang entsprechend danach gelebt. Im Zuge der gesellschaftlichen Entwicklung konnte die einfache Bevölkerung aber in einem zähen Kampf den Mächtigen immer mehr Rechte abtrotzen. So wurde im Laufe der Jahrhunderte die Leibeigenschaft überwunden, der Adel entmachtet und Werkzeuge gefunden, um den Konzentrationstendenzen des modernen Kapitals und der damit verbundenen Verarmung der Arbeiter entgegenzuwirken. Zuerst wurden Sozialversicherungen eingeführt, dann progressive Steuersätze und schließlich erfolgte, als Reaktion auf die Weltwirtschaftskrise von 1929, der Ausbau des Sozialstaates.

"In der Folge hatte der Staat häufig zu wenig Geld..."

Nach dem zweiten Weltkrieg war die Angst der Eliten von einer sozialistischen Revolution hinfort gespült zu werden so groß, dass es selbst in den USA Spitzensteuersätze von 90% gab. Die Folge war eine große Kompression bei der Vermögensverteilung, die begleitet war von einer enormen Steigerung der Lebensqualität breiter Bevölkerungsschichten. Als aber die Strahlkraft des Kommunismus nachließ, trauten sich die Eliten wieder völlig ungeniert zuzulangen. So senkte der republikanische Schauspielerpräsident Ronald Reagan den Spitzensteuersatz von 70% auf 28%, kürzte Sozialprogramme drastisch und erhöhte gleichzeitig die Rüstungsausgaben. Durch dieses Elitenförder- und Staatsschwächungsprogramm erhöhte sich die amerikanische Staatsverschuldung um satte 180%. In der Folge hatte der Staat häufig zu wenig Geld, um seine Aufgaben hinreichend zu erfüllen, und die Unterschiede des Lebensstandards vergrößern sich seither immer weiter. Da diese Reformen so gut funktionierten, haben sie auch andere Industrienationen eingeführt und werden auch Entwicklungsländern als Auflage für Kredite gemacht.

Das Internet als Werkzeug

Auf den ersten Blick mag es noch erstaunlich wirken, dass es in vermeintlichen Demokratien nicht gelingt eine Politik dauerhaft durchzusetzen, die für die überwältigende Mehrheit vorteilhaft ist. Bei einem Blick auf die Werkzeuge der Eliten verwundert das allerdings schon weniger. Dies sind zum Beispiel Denkfabriken, welche „wissenschaftliche“ Thesen für die gewünschten Reformen entwickeln, einflussreiche Stiftungen wie dem Weltwirtschaftsforum, oder geheim tagende Treffen, wie den jährlich stattfindenden Bilderbergkonferenzen. Besonderes Interesse dürfte hervorrufen, dass bei letzterem Medienvertreter anwesend sind, aber nicht über die Konferenz berichten. Bei einem Blick auf die Eigentümer der geladenen Medienunternehmen verwundert dies allerdings schon weniger. Zu der Unabhängigkeit der Medien gegenüber US-Amerikanischen Einfluss sei noch ein bemerkenswertes Zitat des altgedienten Journalisten Peter Scholl-Latour erwähnt:

„Die subtile, perfide Unterwanderung und Täuschung globalen Ausmaßes, denen die Medien ausgeliefert sind, bedarf einer ebenso schonungslosen Aufklärung wie die hemmungslose Überwachungstätigkeit der National Security Agency.“

Mit dem Internet haben wir Bürger nun aber ein Werkzeug in der Hand, um die Ohnmacht zu überwinden. Wir müssen nur noch lernen damit umzugehen.

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Kommentare

  • Das amerikanische Politikethos

    Ich glaube das es wichtig ist gewisse Punkte hier differenziert zu betrachten. Die Diskussion kreist im Moment um Politik als ganzes, wohingegen Henrik nur amerikanische Beispiele anführt. Das deutsche und das amerikanische Politikethos unterscheiden sich aber im Bereich der Wohlstandverteilung aber fundamental. Die ungemein schwierige Reichtumsverteilung in den Vereinigtenstaaten basiert auf einer Vorstellung der Chancengleichheit, nicht der Ergebnisgleichheit. Die Vorstellung von Eigenverantwortung ist dabei so hoch, dass selbst so jemand wie Trump sich als "self-made-man" hinstellt. Anschaulich wird diese Philosophie etwa durch Nozicks "Wiliam-Chamberlain-Argument" oder die politische Philosophie Rawls. Ungleichheiten sind solange zu akzeptieren, solange sie Produkt einer gleichen Ausgangsposition sind. Das es diese Chancengleichheit nicht gibt und defakto nie gab ist dabei ein ganz anderes Problem.

    Auch die Stuerpolitik im Angesicht des kalten Krieges und die anschließende Senkung fallen in ein spezifisch amerikanisches politisches Denken des schlanken Staates, dass auf den Beginn der modernen politischen Theorie zurückgeht. Zentral ist dabei eine Vorstellung die sich schon bei Hobbes findet:

    "Der Staat hat allein die Aufgabe eine minimale Grundordnung (schlanker Staat) zu garantieren in der seine Bürger miteinander umgehen können, sowie, und das ist hier der springende Punkt, seine Bürger zu schützen."

    Die Übertragung der Legitiemen Ausübung von Gewalt an den Staat und ihre Aufrechterhaltung ist der einzige Grund für eine Ausweitung staatlicher Aktivität. Der Kommunismus war ein solches Feindbild und erlaubte deshalb eine befristete Ausweitung staatlicher Aufgaben, sowie eine höhere Besteuerung. Das hat amerikanische Tradition, etwa während des Zweiten Weltkriegs, Vietnam oder zuletzt durch den USA PATRIOT Act.

    Alexanders Kommentar zur Gesundheitsreform schließt dazu bedinkt an. Natürlich wird Obama gerne als böser Sozialist dargestellt, um quasi eben jene Urängste anzusprechen, die Ablehnung seiner Gesundheitsreform geht jedoch weiter. Ohne detailierte Kenntnisse der Reform zu haben, wird sie letztendlich steuerfinanziert. Jeder amerikanische Bürger an der Armutsgrenze, von denen es genügend gibt, hat deshalb Einbussen in seinem Realeinkommen zu erwarten. Natürlich kommt ihm diese Reform entgegen, wenn sie jedoch bedeutet, dass plötzlich kein Geld mehr für Miete oder Brot da ist, kann sie auch auf Seiten derer die von ihr am meisten profetieren kritisch beäugt werden.

    Utopie Internet

    Den zweiten Punkt den du aufmachst ist die Möglichkeit des Internets. Ohne auf die kritische Stellung gegenüber konventioneller alteingessesener Medien einzugehen, möchte ich anmerken das wir diesem Medium genauso kritisch gegenüberstehen sollten. Der Hype um "freie Informationen" der die Jahrtausendwende begleitete wird bestenfalls noch in Kreisen der Piratenpartei hochgehalten. Das Internet ist mindestens genauso, wenn nicht noch mehr konzerngesteuert als es andere Medien sind. Hinzukommt das spezifische Nutzungsverhalten all jener die an ihm partizipieren. Mediennutzung im Internet unterscheidet sich nicht von "Offline" Nutzung. Wer bisher keine Zeitung las, oder sich für Politik interessierte, wird auch im Internet eher Facebook als ein politische Foren nutzen, die Vorstellung, das Internet helfe soziale Ungleichheiten zu überwinden ist eine Utopie. Ich stimme deiner These voll zu, wir hätten theoretisch ein Werkzeug in der Hand Missstände anzugehen. Das hatten wir aber vorher auch schon und haben es immer noch, es heißt demokratische Wahl.

    • Liebes Forum, Henrik hatte die Idee, diese Debatte etwas systematischer zu führen und einen Fragenkatalog zusammengestellt, der nun hier Schritt für Schritt zu beantworten ist.

      Wohlstand für alle?

      Liebe Grüße, Alex

    • Hallo Ivenl, danke für die Erläuterungen, hab viel gelernt. Das ist hier nicht ganz der richtige Platz in diesem Forum, aber über den Irrwitz des Schlanken Staats könnte ich noch stundenlang diskutieren. Die Frage ist doch: liegen dem amerikanischen Steuerzahler Millionen von Unversicherten viel stärker auf der Tasche? Sie verlieren unter Umständen ihren Job, wenn sie krank werden, oder bekommen keinen, weil sie krank sind, oder landen bei teuren Operationen in der Schuldenfalle. Auch die US-Hochschulgebühren erscheinen mir irrwitzig. Für Arme und Hochtalentierte gibt es zwar Stipendien, aber für die Mittelschicht wirds schlicht zu teuer, alle Kinder an guten Unis studieren zu lassen. Auch da frage ich mich, ob diese nicht-freigesetzten Talente und Biographien am Ende dem "Steuerzahler" eher schaden als nutzen. Also es ist ein weites Feld :)

      • Ja das stimmt, der schlanke Staat ist aber wirklich ein eigenes Thema. Im Allgemeinen hat Ivenl genau den richtigen Punkt angesprochen. Es stimmt schlicht nicht, dass das global alles völlig festgezurrt und überall gleich ist. So ist z.B. in den skandinavischen Ländern ein deutlich sozialstaatsorientierteres Modell etabliert.

        • Die Ideologie des schlanken Staates und vor allem die Art und Weise wie sie verbreitet und durchgesetzt wird, ist ein ganz elementares Thema in dieser Diskussion.

          Es stimmt, dass es auch heute noch vereinzelt Staaten gibt, die sich nicht völlig dieser Ideologie unterwerfen. Ihre Maßnahmen, um ein funktionierendes Staatswesen zu gewährleisten, können auch für uns wichtige Ansätze sein für eine Korrektur.

          Um diese Diskussion in etwas geordnetere Bahnen zu lenken, möchte ich noch auf einen Kommentar verweisen, der hier ganz nach unten gerutscht ist. Dort habe ich einzelne Aspekte zu Fragen zusammengefasst, um sie einzeln diskutieren zu können. Ein passenderes Formart soll in Kürze auf pxp entstehen.

          Das Stichwort "Schlanker Staat" könnte neben den ganz unten genannten Fragen noch als zusätzlicher Aspekt aufgeführt werden. Letztlich ist ein schlanker und irgendwann handlungsunfähiger Staat aber sowohl Ursache der seit den 80er Jahren wieder steigenden Vermögenskonzentration als auch deren Folge. Im Zuge der damals in den USA, UK und etwas später auch bei uns erfolgten Reformen, die im Wesentlichen Ersparnisse für die aller Reichsten gebracht haben, hat der Staat immer weniger Geld zur Verfügung. Zur Verhinderung des Staatsbankrotts wird er nun langsam kaputt gespart und weiter verkleinert. Die Konsequenzen dieser Entwicklung sind weit aus größer als diffuse Gerechtigkeitsgefühle.

          Das Treiben der oberen Zehntausend und die Ideologie des schlanken Staates sind aufs engste miteinander verknüpft. Im Grunde geht es dabei um ein und dieselbe Diskussion. Daher könnte sie hier vielleicht sogar besser heißen:

          "Die oberen Zehntausend und die Ideologie des schlanken Staates"

          • In Dänemark oder Schweden ist nicht unbedingt der schlanke Staat das Ziel und dennoch gibt es sehr reiche Menschen – die oberen Zehntausend. Und nun den oberen Zehntausend einfach vorwerfen, dass sie die oberen Zehntausend sind, ist mir zu plump. Wieso sollte es denn z.B. ethisch nicht vertretbar sein, wenn ein Bill Gates zum Milliardär wird?

            Wie gesagt, ich bevorzuge eben eine Gesellschaft mit demokratisch-freiheitlicher Grundordnung. Und wer im Rahmen einer solchen Gesellschaft auf demokratischem Wege für eine stärker gemeinwohlorientierte Politik eintreten will, kann dies mit seiner Stimme oder vielleicht auch Engagement für Linke, Grüne oder SPD machen.

            • Ein mögliches ethisches Problem ist nicht der Kern. Wer ein beliebtes Produkt verkauft, kann auch gerne gut dafür bezahlt werden. Das eigenständige, sich selbst verstärkende Wachstum von angelegtem Vermögen ist das Problem. Zins, Miete, Dividende und ähnliches führt zu der Vermögenskonzentration. Häufig über mehrere Generationen hinweg. Wir brauchen auch gar nicht auf die andere Seite des Teiches zu gucken, um diesen Mechanismus besser zu verstehen. Hier haben wir auch genug Geldstaubsauger.

              Nehmen wir noch mal das Beispiel der Familie Quandt. Im Jahr 2014 erhielten die drei Hauptaktionäre von BMW eine Dividende von 815 Millionen Euro. Nun stehen sie oder ihre Bank vor der Aufgabe dieses Geld irgendwo zu investieren. Zum Beispiel in Betongold. Wissen Sie, wem Ihre Wohnung gehört? Nun, vielleicht ja noch Ihnen selbst und Sie konnten den Kaufpreis bar auf den Tisch blättern oder einer Genossenschaft statt einer Immobilienfirma. Neben Privatkrediten oder Immobilienfonds sind Firmenkredite eine wichtige Anlagemöglichkeit für Banken bzw. deren Kunden. Wissen Sie wie stark Ihr Energieversorger verschuldet ist? Fast alle große Firmen haben Kredite und deren Kunden zahlen natürlich für diese. Darüber hinaus ist es für die Gläubiger auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten wahnsinnig praktisch, dass die Staatsverschuldungen immer neue Höhen erreichen.

              Wie auch immer sich die Quandts entscheiden: Wenn sie einigermaßen erfolgreich waren, müssen sie im nächsten Jahr zig weitere Millionen irgendwie unters Volk bringen. Stets in der Hoffnung, dass dieses so ihren Reichtum weiter mehren wird und brav ihren zehnten an die Oberen abtritt. Bis es irgendwann der 9. Teil des Einkommens ist, dann der 8.... Wie heißt es so passend: Kapital ist wie Öl im Wasserglas. Wird das Glas nicht regelmäßig durchgeschüttelt, sammelt es sich das Öl am oberen Rand. Aber es gibt natürlich auch sanftere und kontinuierlichere Methoden, um das Geld auch ohne Renditeverpflichtungen unters Volk zu bringen. Wir müssten diese erprobten Methoden nur wieder anwenden.

              Moral oder Gerechtigkeit braucht dabei nicht der oberste Anspruch sein. Wenn wir der sich selbst verstärkenden Vermögenskonzentration nicht entgegenwirken, haben wir bald wieder Verhältnisse wie im 19. Jahrhundert bzw. amerikanische, russische oder die irgendwelcher anderer 3. Weltstaaten.

              • Und was hätten jetzt Arbeitnehmer, Staat, Verbraucher oder Eigentümer gewonnen, wenn BMW schlecht gemanagt in die Pleite rutscht? Wir können gerne darüber debattieren, den gesellschaftlichen Rahmen (z.B. Steuer, Mitbestimmung, Arbeitsmarkt, Sozialsysteme) auf demokratischem Weg zu verändern, aber einfach nur Stimmung gegen Reiche machen, weil die reich sind, ist nicht so meins.

            • Die Frage ist über welches Model der Besteuerung wir sprechen, grundsätzlich sind das bei uns Einkommenssteuer/Reichensteuer (ist ja theoretisch nur ausgesetzt) und Erbschaftssteuer. Das jemand wie Bill Gates Miliadär ist finde ich persönlich unproblematisch, man könnte es aber durchaus ethisch (sowie empirisch) kritisieren. Etwa empirisch über Glücksstudien (Einkommen über 80.000€ jährlich steigert die Zufriedenheit nicht) oder aus ethischen Gesichtspunkten wie sie kommunistische oder manche liberale Theoretiker vertreten (Arbeit für die Gesellschaft und nicht für sich selbst/ oder wie Rawls: jede gesellschaftliche Ungleichheit ist nur dann zu akzeptieren, wenn sie die Position des am schlechtesten gestellten verbessert). Ob man diese ethischen Überlegungen teilt ist eine andere Sache. Das eigentliche Problem mit "den oberen Zehntausend" ist ja auch nicht unbedinkt die Möglichkeit sich selbst Geld zu erarbeiten, sondern die implizierte Elitenkontinuität. So kann man akzeptieren, dass Gates Miliadär ist, aber warum sollten seine Nachkommen ebenfalls Miliadäre sein, obwohl sie nichts dafür getan haben (was sie dank Gates Testament wohl auch nie werden). Man könnte jetzt argumentieren, dass Kinder darunter leiden, dass ihre Eltern für mehr Einkommen weniger zu Hause sind und das sie durch Erbe dafür kompensiert werden, aber ich glaube auch eine solche Kompensation hat ihre Grenzen (abgesehen davon, dass sie über besseres soziales, ökonomisches und kultureles Kapital verfügen). Grundsätzlich ist aber natürlich eine politische Festlegung, dass hat man insbesondere in der seltsamen Diskussion nach der Finanzkrise gesehen. In den Staaten (und leider teisl auch bei uns) wurde viel darüber diskutiert, ob Reiche Bürger den Staat einfach durch Spenden unterstützen. Staat eine ordentliche Steuer zu etablieren, wurde einfach an Nächstenliebe und Patriotismus appeliert.

              • Da gehe ich, glaube ich, etwas anders heran. Ich finde, dass Gates zunächst selbst wissen muss, wie er glücklich wird. Und wenn er 50 Milliarden hat und nur glücklich wird, wenn er versucht daraus 60 Milliarden zu machen, dann soll er das machen. Da mische ich mich nicht ein.

                Wichtig ist doch nur, dass die Gesellschaft sich entscheidet, welchen Rahmen sie dieser freien Entfaltung der Persönlichkeit setzen will. Und für eine demokratische Entscheidung über diesen Rahmen gibt es Parlamente, Parteien, Bürgerbegehren und vieles mehr.

                Wie ich mir z.B. ein Update für die Soziale Marktwirtschaft vorstelle, beschreibe ich hier.

                • Es geht mir auch garnicht darum, Herrn Gates zu sagen, was er tuen soll um glücklich zu sein, mit dem Verweis auf "Glück" geht es mehr um gesellschaftliche Rahmenerzählungen die wir auf zivilgesellschaftlicher Ebene hinterfragen müssen, da kann Politik unterstützen, sie kann es aber nicht allein erreichen. Dazu gehört nicht nur zu hinterfragen, ob 60Milliarden besser sind als 50, sondern in den USA die Vorstellung, der Tellerwäscher könnte Millionär werden, der den staatlichen Umverteilungsgedanken bremst.

                  Ansonsten ging es mit meinem Beitrag eher in ihre Richtung, wir müssen nicht über staatliche Enteignungen nachdenken, sondern über ein Mittel Kaptitalakkumulationen in einem gerechten System zu bremsen. Ich denke, dass der intergenerationale Übergang politisch ein besseres Mittel ist als andere Steuererhöhungen. Machen wir uns nichts vor, eine Einkommenssteuererhöhung wird ansonsten mit Reinvestitionen steuerlich abgeschrieben und eine Reichensteuer im bisherigen Weg, setzt auch bei jenen an die weit davon entfernt sind zu den oberen Zehntausend zu gehören.

                  • Auch die gesellschaftliche Rahmenerzählung würde ich nicht auf die Privatangelegenheiten von Einzelnen ausdehnen. Ob 50 oder 60 Mrd. besser sind, muss nicht die Gesellschaft beantworten, sondern derjenige, der die 50 Mrd. hat. Die Gesellschaft muss hingegen beantworten, ob sie z.B. Vermögen, Einkommen, Konsum, oder den Vermögensübergang besteuern will. Mein Grundsatz wäre aber auch hier, dass die gesellschaftliche Regelung nicht der Selbstbestimmung widersprechen darf. Eine Einkommenssteuer von 100% wäre für mich beispielsweise nicht akzeptabel.

                    Ansonsten bin ich aber ganz bei Ihnen, dass eine Debatte darüber, wie der Rahmen ausgestaltet sein soll, notwendig ist. Ich bin z.B. ein großer Fan davon, „negative externe Faktoren“ zu besteuern und z.B. eine CO2-Steuer (oder mittelbar Mineralöl-, Strom-, Kohle-, Kerosinsteuer), eine Verpackungssteuer oder eine Spekulationssteuer zu erheben.

                    Allerdings halte ich eben Parlamente oder Parteitage für den richtigen Ort, um solche Fragen auf demokratischem Weg gesamtgesellschaftlich zu beantworten. Wenn ich aber Henrik frage, ob er sich denn in einer Partei engagiert, kommt ja keine Antwort. Und es ist dann halt einfach nicht so meins, nur auf den Reichtum der Reichen zu schimpfen, statt für demokratische Veränderungen einzutreten.

  • Lieber Henrik, danke für Deine Thesen! Ich verfolge die Debatte - etwa den aktuellen Oxfam-Bericht zur Vermögensungleichheit oder die IWF-Zweifel an Reagans Trickle-Down-Economics.

    Allerdings habe ich hierzu noch keine abschließend Meinung. Auch die Wohlstands-Effekte der Globalisierung können recht überzeugend ins Feld geführt werden.

    Wer hat's so gewählt?

    Wo ich allerdings immer etwas vorsichtig bin: bei der Schuld- bzw. Verantwortungszuweisung an 'Eliten'. Was die politische Elite angeht - in unseren Demokratien ist sie von den BürgerInnen gewählt. Für die von Dir beschriebene Politik gab es seit Jahrzehnten demokratische Mehrheiten. Die BürgerInnen hatten die Wahl. So hat es beispielsweise Rot-Grün mit Steuererhöhungs-Ideen 2013 in Deutschland nicht an die Regierung geschafft. Da würde ich mich - unabhängig von meinen persönlichen politischen Wünschen - schon fragen, warum das so ist. Die oberen Zehntausend sind nicht wahlentscheidend. Die Mittelschicht wählt sich letztlich ihre Eliten und das Programm.

    Ich habe mich zuletzt viel mit einem US-Amerikaner unterhalten. Die Panik mit der dort auf Steuer-Erhöhungs-Ideen oder neue Instrumente der Solidargemeinschaft (Obama Care) reagiert wird - und zwar gerade von Menschen eher am unteren Ende der Einkommensskala (Tea Party) - ist schon frappierend. Schon Obama gilt bei vielen als gefährlicher Sozialist, da muss man hier mit der DDR vor Augen schon etwas lachen. Also ich glaube auch die Psychologie hinter dem schlanken Staat ist zu reflektieren. Warum ist diese Idee so ungemein attraktiv? Ist es das ewige Heilsversprechen an das Individuum, das den Sozialstaat so unterwandern kann? Nach dem Motto: 'Ich bin zwar arm, aber gegen Steuern für Superreiche - denn wenn ich mal superreich bin, will ich ja auch keine Steuern zahlen'?

    Wir wählen unsere Eliten selbst

    Dass sich Eliten zu einer bestimmten System-Agenda verabreden, etwa bei einer Bilderberg-Konferenz, und der Rest der Menschheit von Medien getäuscht wird, glaube ich nicht. Was aber glaube ich allen FunktionsträgerInnen schwer fällt, ist eine grundlegende Infragestellung des Systems, in dem sie sich tagespolitisch bewegen. Kurz nach der Finanzkrise gab es dieses Zeitfenster, alles zu überdenken. Ob es sinnvoll genutzt wurde, wäre eine eigene Analyse wert (es ist nicht so, dass in Punkto Finanzmarktreform nichts geschehen wäre).

    Liebe Grüße, Alex

    • Hallo Henrik,

      hier keine Stellungnahme zu Deinem Beitrag "Die oberen Zehntausend - Alexander Wragge hat dazu Bedenkenswertes gesagt -, sondern nur eine Anmerkung:

      "Wer hat, dem wird gegeben...In der Bibel wird es gar als Gott gegebenes Gesetz gepriesen..." - das stimmt so nicht. Im Gleichnis von den anvertrauen Zentnern (Matthäus 25, 14-30) wird es als bitteres Sprichwort zitiert. So geht es in der Welt zu..

      Zentral für die Botschaft Jesu ist der Satz: "Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon" (Matthäus 11,5). Jesus fühlte sich zu den Armen, Kranken, Schwachen, Entrechteten gesandt, den Reichen und Mächtigen seiner Zeit redet er ins Gewissen. Bitte schau einmal ins Neue Testament!

      Für das Alte Testament schau einmal in die Prophetenbücher!

      Ein ausbeuterischer Kapitalismus kann nicht aus der Bibel begründet werden!

      Auch die Reformatoren prangern die Verbindung von Macht und Geld an. Ich zitiere Martin Luther: "Wo groß Reichtum und Gewalt ist, da sind auch große Sünden und Unrecht. Geld macht Diebe."

      Biblisch begründete Kritik an Reichtum und Macht zieht sich wie ein roter Faden durch die ganze Kirchengeschichte bis heute!

      • Liebe Doro, danke für Deine Bibelkenntnisse! Leider verstehe ich die politische Rolle der christlichen Kirchen immer weniger. Ihre moralischen Appelle scheinen mir zum wohlfeilen und wirkungslosen Ritual verkommen. Ich kann sie oft nicht mehr ertragen. Am System Selbst ändern sie gar nichts.

        • Liebe sahrasahara,

          das sehe ich genauso wie Du. Die "moralischen Appelle (der Kirchen) scheinen mir zum wohlfeilen und wirkungslosen Ritual verkommen".

          Ich spreche jetzt nur für die ev. Kirche. Die Gottesdienste sind mit ihrer Liturgie und ihren Predigten Moralin. Und wer wird damit erreicht? Ein paar ältere, herzensgute Frauen und Männer, bei denen "offene Türen" eingerannt werden. Im Alltag sind sie meist sowieso schon sozial (für Flüchtlinge usw) engagiert.

          Aber welche Macht hat denn die ev. Kirche in Deutschland, um auf Entscheidungsträger einzuwirken? Mir scheint, gar keine.

      • Zwar sind die Kirchen auch recht gut dabei, wenn es um den Kapitalismus geht, aber das Idealbild hat natürlich dennoch seine Berechtigung.

    • Die Suche nach Schuld oder Verantwortung für die heutige Situation ist müßig. Auf der einen Seite ist es nutzlos Milliardären oder Dynastien vorzuwerfen, den Ausbau ihrer Privilegien voranzutreiben. Auf der andere kann man Bürgern schlecht vorwerfen, sich für das falsche Überraschungspaket entschieden zu haben. Die SPD und Grüne haben den Spitzensteuersatz erst vor wenigen Jahren gesenkt, haben ein Prozent Merkelmehrwertsteuer angeprangert und hinterher zwei erhoben, sie sind als erste Nachkriegsregierung gleich zwei mal in den Krieg gezogen und ausgerechnet die CDU besiegelt den Atomausstieg. Nur die FDP bediente zuverlässig ihr Klientel.

      Vor der letzten Wahl wollten SPD und Grüne den Spitzensteuersatz nun wieder erhöhen. Er griff aber schon bei einem jährlichen Einkommen von 60.000 Euro. Das ist doch so deutlich an dem eigentlichen Problem vorbei, dass man über die Clowns nicht mal mehr lachen kann. Wir haben es mit einer winzigen Elite zu tun, deren Mitglieder 60.000 Euro in der Stunde „verdienen“. Familie Quandt hat 2014 von BMW 815 Millionen Euro Dividende erhalten. Das sind 93.000 Euro in jeder Runde des kleinen Zeigers – für drei Personen. Allein für dieses Geld werden sie im nächsten Jahr bei drei prozentiger Verzinsung, Dividende, Miete, oder wie auch immer sie das Geld anlegen, 20 Millionen Euro erhalten. Das schönste aber ist, dass sie auf diese Art von Einkommen nicht mal den Spitzensteuersatz zahlen müssen.

      Und wer muss dieses Geld erwirtschaften? Woher soll es noch kommen wenn die Käufer, Mieter oder Schuldner in diesem Prozess immer weniger zur Verfügung haben? Das ist kein Problem der Gerechtigkeit sondern ein systemisches. Die aus diesem Prozess resultierende Konzentration des Kapitals ist für eine völlig freie Marktwirtschaft lange bekannt. Es wurden bereits effektive Antworten darauf gefunden, welche zu einem enormen Wirtschaftsaufschwung beigetragen haben. Erst als sie in den 80er Jahren abgeschafft wurden, setzte die Konzentration wieder ein.

      Sicher, die Entscheidung dafür wurde nicht von einer kleinen Runde bestehend aus Männern mit weißen Haaren getroffen. Auch die obersten 1200 Familien, zehntausend Menschen, 0,1 Prozent oder wie viele es auch genau sein mögen, sind ein homogener Haufen. Aber sie eint ähnliche Interessen und sind sind besser vernetzt, als man glaubt. Um das Wirken beispielsweise der Denkfabriken anzuschneiden, sei hier nur exemplarisch die sympathische Non-Profit Organisation American Legislative Exchange Council (ALEC) erwähnt. Sie wurde 1973 von konservativen Aktivisten gegründet und verfolgt mit Gesetzesvorlagen sehr erfolgreich Ziele wie die Verkleinerung des Staates, die Beseitigung von Regulierungen für Körperschaften und die Erschwerung von Vorhaben, wirtschaftlich oder politisch mächtige Personen zur Verantwortung zu ziehen. Spätere Mitglieder haben so schöne Theorien entworfen, dass nach Steuersenkungen die Steuereinnahmen nicht sinken, sondern sogar steigen würden.

      Bilderberg finde ich vor allem deshalb interessant, weil in dieser illustren Runde Medienvertreter anwesend sind, aber nicht über ihr Treffen mit Politikern, Bankern und Konzernlenkern berichten. Es ist nur ein Einstieg in die Verquickung der Medien. Hier sein mal ein altes aber sehr pikantes Beispiel erwähnt: Warum bloß hat Axel Springer so gereizt auf einen kritischen Kommentar zu einem südamerikanischen Diktator reagiert und daraufhin seinen renommierten Chefredakteur Wolf Schneider abgesetzt? Man mag die Episode Pinochet in Chile als unwichtigen Schauplatz des Ost-West Konfliktes und vor allem als lange her abtun. Doch dies ist eines der ersten Deregulierungsexperimente, welche nur mit großen Repressionen durchgeführt werden konnten. An diesem Beispiel zeigt sich wunderbar das perfide Zusammenwirken verschiedener elitärer Kreise, bzw. die Folgen ihrer gemeinsamen Interessen.

      Bleibt noch die Frage, warum wir Bürger das alles mit uns machen lassen. Gewählt werden kann eine Lösung schon mal nicht. Das Kernproblem wird von keiner Partei thematisiert, die sich nicht in einer ideologischen Ecke verschanzt. Ob das auch daran liegt, dass deren führenden Akteure sich nicht den späteren Weg in die Wirtschaft verbauen wollen, oder es sich die Partei nicht mit ihren Großspendern verscherzen will, kann hierzulande nur vermutet werden. In den USA drängt sich der Verdacht noch viel stärker auf.

      • Da widerspreche ich beiden Positionen. Ich denke, man muss nicht gerade Verschwörungstheoretiker sein, wenn man den Standpunkt von Alex Wragge, „wir wählen unsere Eliten selbst“, widerlegen will. Wie viele der 62 im Oxfam-Berichten erwähnten Personen sind denn zum Beispiel gewählt? Und die Argumentation, da ginge es nicht um die politische Macht, läuft ja auch recht schnell ins Leere: Ich schaffe in Ihrer Gemeinde 100 neue Arbeitsplätze, wie also entscheiden Sie sich Alex? Kommen Sie mir entgegen? Bekomme ich z.B. jenes schnelle Internet, auf das der Rest im Ort schon lange wartet? Erlassen Sie mir die Erschließungskosten? Oder bekomme ich vielleicht einen Sondertarif bei den örtlichen Stadtwerken? Und machen Sie sich keine Illusion, wenn Sie mir als Bürgermeister nicht entgegenkommen, dann geh ich wo anders hin.

        Gleichwohl kann ich aber auch Henrik nur bedingt zustimmen. Es gibt in einer Marktwirtschaft unstreitig den Effekt der Vermögenskonzentration. Allerdings braucht es dafür keine Verschwörung, weil es sich einfach um das Resultat des marktwirtschaftlichen Strebens nach Gewinn (Wachstum) handelt. Außerdem wären die reichsten Menschen in unseren Augen auch dann Superreich, wenn sie alle nur halb so viel hätten, weil die staatliche Umverteilung besser funktioniert. Umgekehrt könnte man genauso auch fragen, ob die Superreichen heute nicht noch viel reicher wären, wenn es nicht auch schon in der Vergangenheit ein Mindestmaß an funktionierender Umverteilung gegeben hätte. Kurz gesagt: Der Hinweis, dass die Riechen reich sind, hilft nicht wirklich weiter.

        Daneben gilt in einer freien Gesellschaft auch, dass es selbst bei einem idealen Gegensteuern immer Superreiche geben wird. Solange wir in einer solchen freien Gesellschaft leben wollen (ich will das), in der jeder im Rahmen der Gesetze machen darf was er will, kann man eben auch niemandem verbieten sein Vermögen zu vermehren. Insofern ist es auch völlig in Ordnung, dass manche Menschen aufgrund von Können, Leistung oder auch einfach Glück reich werden oder an der Spitze einer Gruppe, Organisation oder sonst was stehen. Wichtig ist doch aber, dass es eine gewisse Gerechtigkeit im Sinne von Chancengerechtigkeit oder Leistungsgerechtigkeit gibt und z.B. die Kinder unter den ankommenden Flüchtlingen genauso irgendwann Sparkassendirektor sein können, wie das Kind aus einer deutschen Akademikerfamilie.

        • Auch hier möchte ich gerne auf die ganz unten genannten Fragen verweisen.

          • Das hilft aber nicht weiter, um zu verstehen, was Sie daran stört, dass es Milliardäre gibt. Oder ich wüsst' jetzt auch nicht, inwiefern Bill Gates auf meine Kosten zum Milliardär geworden sein soll.

            • Ahh, hier hatte ich die Anregung zu der ersten Einleitung her, die ich eben erschrocken noch geändert hatte. Aber so will ich Ihnen die ursprüngliche Variante auch nicht vorenthalten:

              Möglicher Weise gehören Sie zu den wenigen Menschen, die noch nie einen Windows Rechner besessen haben. Sofern Sie aber Steuern zahlen, werden auch Sie sich über den Kauf von Betriebssystemen für Rechner in staatlichen Einrichtungen an Bills Reichtum beteiligt haben.

              Der erfolgreiche Verkauf eines beliebten Produktes ist aber gar nicht das Problem. [...]

              Mein eigentliches Problem mit Milliardären ist dann oben genauer erläutert.

              • Jeder weiß, dass Verwaltungen mit Hilfe von Computersoftware effizienter arbeiten. Ich hoffe, Sie sind Gates also dankbar, dass wir heute weniger Verwaltungskosten zu schultern haben als früher. Wo ist also das Problem?

  • Vielen Dank für eure Beiträge!

    Ich glaube es wäre an der Zeit diese Diskussion etwas systematischer anzugehen. Deshalb sind unten einzelne wesentliche Aspekte herausgegriffen. Ich bin gespannt, ob für die unten gestellten Fragen Übereinstimmungen herzustellen sind. Meine Antworten habe ich darunter zur Diskussion gestellt. Sie können gerne als Thesen betrachtet werden, die entsprechend kritisiert, erweitert oder widerlegt werden können.


    1.) Gibt es überhaupt eine kleine Elite, deren Reichtum auf Kosten der großen Mehrheit immer weiter wächst?

    2.) Welche Konsequenzen hätte dies für die große Mehrheit? Ist es einfach nur ungerecht, dass ein Milliardärserbe Porsche fährt, der niemals einen Finger gerührt hat, während sich die Schichtdienst schiebende Krankenschwester mit einem Polo begnügen muss? Oder sind noch ganz andere Folgen zu erwarten?

    3.) Wird sich die Situation weiter verschärfen? Gibt es sich selbst verstärkende Effekte? Welche grundsätzlichen Ursachen sind für die bisherige Entwicklung verantwortlich?

    4.) Ab welchen Vermögen bzw. ab welchen hieraus resultierenden Einkommen fangen die Probleme an?

    5.) Welche Instrumente nutzen die Profiteure, um ihre Interessen durchzusetzen?

    6.) Welche Möglichkeiten haben wir Bürger, um unsere Interessen durchzusetzen?


    1.) Gibt es überhaupt eine kleine Elite, deren Reichtum auf Kosten der großen Mehrheit immer weiter wächst?

    Wie schon immer seit Beginn der Zivilisation gibt es auch heute ein kleine Elite, die sehr viel einflussreicher und wohlhabender ist, als die große Mehrheit. Auch wenn niemand weiß, wie viel Reichsten wirklich besitzen, werden die Unterschiede im Lebensstandard innerhalb westlicher Nationen heute deutlich geringer sein, als die meiste Zeit in der Geschichte. Seit den 80er Jahren aber vergrößern sich die Unterschiede wieder deutlich.

    2.) Welche Konsequenzen hat dies für die große Mehrheit? Ist es einfach nur ungerecht, dass ein Milliardärserbe Porsche fährt, der niemals einen Finger gerührt hat, während sich die Schichtdienst schiebende Krankenschwester mit einem Polo begnügen muss? Oder sind noch ganz andere Folgen zu erwarten?

    Wenn ein gewisser Lebensstandart für einen Großteil der Bevölkerung sichergestellt ist, ist es nicht sonderlich tragisch, wenn jemand noch mehr oder viel mehr Spielzeug hat. Egal ob er das verdient hat oder nicht. Es ist eigentlich gar nicht so schlimm, wenn einige wenige die verrücktesten Sachen haben. Ich halte es aber für überaus wichtig, dass ein zufriedenstellender Lebensabend für die Mehrheit erreicht wird. Wenn dies nicht mehr gelingt, da zu viel Auffand für die Verrücktheiten der Reichsten betrieben werden muss, ist eine problematische Schwelle erreicht. Wie hoch die liegen sollte und welcher Lebensstandart erstrebenswert ist, kann natürlich Gegenstand weiterer Diskussionen sein. Darüber hinaus kann auch gerne über gesellschaftliche Ziele diskutiert werden, die wichtiger sind als Spielzeuge für die Reichsten. Aber auch hier geht es nicht im Kern um Gerechtigkeit.

    3.) Wird sich die Situation weiter verschärfen? Gibt es sich selbst verstärkende Effekte? Welche grundsätzlichen Ursachen sind für die bisherige Entwicklung verantwortlich?

    Eine freie Marktwirtschaft strebt von sich aus zur Konzentration von Kapital, wenn nicht entsprechend gegengesteuert wird. Es gibt durchaus gegenläufige Effekte, vor allem wenn das Entwicklungstempo hoch ist. Der grundsätzliche Trend ist seit dem Aufkommen von Wertaufbewahrungsmitteln in der menschlichen Geschichte aber immer vorhanden gewesen.

    4.) Ab welchen Vermögen bzw. ab welchen hieraus resultierenden Einkommen fangen die Probleme an?

    Reich ist jemand, der von den Einkünften seines Vermögens leben kann ohne arbeiten zu müssen. Wenn sich das Vermögen dann noch kontinuierlich vergrößert, ist dieser jemand eindeutig zu reich.

    5.) Welche Instrumente nutzen die Profiteure, um ihre Interessen durchzusetzen?

    Wahlkampfspenden, Aufsichtsratsposten, Beraterverträge, Lobbyarbeit, Gesetzestexte produzierende Denkfabriken, Stiftungen, Konferenzen, Netzwerke, Medienhäuser, ....

    6.) Welche Möglichkeiten haben wir Bürger, um unsere Interessen durchzusetzen?

    Natürlich wähle ich auch. Aber ich möchte mich nicht darauf verlassen, dass die gewählten auch ihre Versprechen halten. Außerdem habe ich noch nicht ansatzweise eine Kombination aus Versprechen gefunden, mit der ich zufrieden wäre. Ich suche nach Wegen, wie Bürger aus unterschiedlichen politischen Lagern effektiv zusammenwirken können, um zumindest das Drängendste angehen zu können. Eine Plattform, wie diese hier, finde ich sehr vielversprechend. Aber natürlich ist es noch ein weiter Weg, hin zu einer produktiven Partizipation.