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Widerspricht die Kirchensteuer der Trennung von Staat und Kirche?


picture alliance/dpaMitgliederschwund auch aufgrund der Kirchensteuer? Laut der deutschen Bischofskonferenz verzeichnet die katholische Kirche seit 1990 mehr als 100.000 Kirchenaustritte pro Jahr. Foto: picture alliance/dpa

In Deutschland genießen die Kirchen eine besondere rechtliche Stellung. Trotz grundgesetzlicher Verankerung wird deswegen oftmals von einer "hinkenden" Trennung von Staat und Kirche gesprochen. Kritikpunkt dabei ist insbesondere die Kirchensteuer.


Ein Beitrag von Silvia Kortmann (IBKA)

Durch ihren Status als „Körperschaft öffentlichen Rechts“ sind die Kirchen befugt, ihre Mitgliedsbeiträge als „Steuern“ zu erheben. Kirchensteuern sind also nichts weiter als Mitgliedsbeiträge nichtstaatlicher Organisationen. Auf die Höhe hat der Staat keinen Einfluss, denn die Kirchen regeln ihre Angelegenheiten selbst. Wenn es den Kirchen einfallen sollte, statt 8% oder 9% der Lohn- und Einkommenssteuer 15% des Einkommens zu erheben, wären sie wohl auch dazu befugt.

Gleichwohl lässt der Staat sich (außer in Bayern) dazu ausnutzen, die Kirchensteuern als Zwangsabgaben durchzusetzen. Im Jahre 2013 waren das über 10 Mrd. EUR. Vor allem dieser Umstand trägt zur großen finanziellen Macht der Kirchen bei. Dass der Staat Dienstleistungen für die Kirchen erbringt, widerspricht ganz offensichtlich der Trennung von Staat und Kirchen.

Ein Widerspruch in der Trennung von Staat und Kirche

Mehr noch: Der Staat verpflichtet auch Arbeitgeber und Banken, unentgeltliche Inkassoleistungen für die Kirchen zu erbringen, indem sie die Kirchensteuer berechnen und an die Finanzämter überweisen. Dazu muss jeder abhängig Beschäftigte seine Religionszugehörigkeit dem Arbeitgeber mitteilen. Dies ist aber verfassungswidrig. Der in unserem Grundgesetz mitgeltende Art.136 der Weimarer Verfassung sagt über die Religionsfreiheit u.a.,

„(3) Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Überzeugung zu offenbaren. Die Behörden haben nur soweit das Recht, …, als davon Rechte und Pflichten abhängen ...“

Auch gerichtliche Klagen gegen die Mitteilungspflicht sind wirkungslos. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1978 ist es in Ordnung, das Grundrecht, seine Konfession nicht zu offenbaren, aus „Zweckmäßigkeitsgründen“ einzuschränken. Eine sehr parteiische Auffassung vom Grundgesetz.

Das System Kirchensteuer

Mitglied sind nach Auffassung der Kirchen nicht nur bekennende Gläubige, sondern alle, die irgendwann irgendwo getauft wurden, auch wenn sie seitdem mit der Religion nichts am Hut haben. Bekannt ist der Fall eines Franzosen, erklärter Atheist, der seit zwei Jahren in Deutschland lebt und von dessen Gehalt Kirchensteuer abgezogen wurde. In Frankreich gehört nur dann jemand zur Kirchengemeinde, wenn er die Kirche besucht; einen offiziellen Kirchenaustritt gibt es dort nicht. Das Erzbistum Berlin hat bei der französischen Gemeinde in seinem Geburtsort die Taufbestätigung erfragt. Dies allein reicht der Kirche, um sich das Recht herauszunehmen, Kirchensteuer zu kassieren. Auf das tatsächliche Bekenntnis oder das Interesse an der Kirche kommt es dabei nicht an, es geht nur ums Geld. Darüber hinaus verstößt dieses Vorgehen gegen EU-Datenschutzbestimmungen, die aber von den Kirchen offenbar nicht als bindend betrachtet werden.

Die Kirchen ermitteln auch systematisch ehemalige DDR-Bürger, die getauft wurden, aber vor der Wende aus der Kirche ausgetreten sind. Da sie dies so gut wie nie nachweisen können (Umkehr der Beweislast), werden sie von der Kirche zur Steuernachzahlung über mehrere Jahre aufgefordert. Aus jedem anderen Verein fliegt man raus, wenn man seinen Beitrag nicht bezahlt – bei der Kirche ist das anders.

Der Kirchenaustritt erfordert einigen Aufwand: persönliche Erklärung beim Amtsgericht oder bei einem Notar, Korrektur des Steuervermerks beim Finanzamt. Wie absurd, dass staatliche Stellen sich um die Mitgliederverwaltung der Kirchen kümmern müssen!

Nur ein Bruchteil der Kirchensteuer fließt in soziale Zwecke

Wenn die Kirchen wenigstens, wie sie selbst gerne behaupten, die Kirchensteuern für soziale Zwecke ausgeben würden! Dass sie es nicht tun, ist als Caritaslegende bekannt. Bezahlt werden davon vor allem der Verwaltungsaufwand und das eigene Personal. Die sozialen Einrichtungen hingegen - Kitas, Krankenhäuser, Altenheime - werden nur zu einem Bruchteil aus Kirchenmitteln bezahlt; den Rest zahlen Krankenkassen, Pflegeversicherungen, Sozialversicherungsträger.

Mit der in Deutschland geltenden Rechtslage (die fast einmalig in der Welt ist) und durch seine aktive Mitwirkung sichert der Staat den Kirchen immense Einkünfte und Macht. Kein anderer Verein in Deutschland genießt ein solches Privileg. Kirchensteuern gehören abgeschafft, weil sie den Staat zum Dienstleister der Kirchen machen, weil sie den Kirchen überproportionale Macht verschafft, weil sie den Bürgern verfassungswidrig abverlangt, die Religionszugehörigkeit zu offenbaren, weil sie den falschen Eindruck von der Finanzierung des sozialen Engagements durch die Kirchen erweckt und weil nicht einmal die Mitgliedschaft ordentlich geregelt ist.


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Kommentare

  • Sehr geehrte Frau Kortmann,

    ich kann viele Ihrer Kritikpunkte verstehen. Das Kirchensteuersystem ist nun so historisch gewachsen und muss hinterfragt werden. Ginge es auch anders? In digitalen Zeiten müsste es einfacher sein, die Finanztransfers der Kirchenangehörigen (auch ohne Staat) zu organisieren.

    Die "Caritaslegende" kann ich so aber nicht nachvollziehen. Natürlich wirtschaften auch Krankenhäuser und Altenheime mit christlicher Trägerschaft ganz normal, mit Krankenkassenabrechnung. Ich habe auch nie etwas anderes gehört. Gleichzeitig tragen die Einnahmen der Kirche die gesamte kirchliche Arbeit (Gebäude, Pfarrstellen, etc...), die eben teilweise auch karitativ ist (Seelsorge, Obdachlosen-Küchen, Diakonie usw.).

    • Guten Tag, BastianB, die Kirchen sprechen gerne von „den Einnahmen“ der Kirchen, die sie für soziale Zwecke ausgeben. Dass aber diese Einnahmen nur zur Hälfte aus den Kirchensteuern kommen, ist erst in jüngster Zeit ins öffentliche Bewusstsein gerückt, nicht zuletzt durch die Bücher von Carsten Frerk (Vermögen und Finanzen der Kirchen; Violettbuch Kirchenfinanzen). Gerade die sozialen Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Kindergärten, mit denen sich die Kirchen gerne schmücken, werden eben nicht aus Kirchenmitteln bezahlt.

      • „Gerade die sozialen Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Kindergärten, mit denen sich die Kirchen gerne schmücken, werden eben nicht aus Kirchenmitteln bezahlt.“

        Wenn das Rote Kreuz kommt und jemanden ins Krankenhaus fährt, dann wird das auch nicht aus den Beiträgen der DRK-Mitglieder finanziert, sondern von der Krankenkasse. Das ist doch in keiner Weise ungewöhnlich oder unüblich. Und bei AWO-Pflegeheimen ist das auch nicht anders. Warum ist es also so schlimm, wenn für ein Diakonie-Krankenhaus dasselbe gilt? Wieso stört es Sie gerade bei den kirchlichen Trägern?

        • Zwei Punkte:

          1.) Im Prinzip spricht nichts dagegen. Jedoch behaupten die Kirchen, die sozialen Einrichtungen würden aus reiner Nächstenliebe betrieben und aus eigenen Mitteln zumindest subventioniert. Dies ist falsch. Es geht hier gerade nicht um die Bezahlung der Leistungen der Hilfswerke sondern um die Kirchensteuer.

          2.) Es ist mir nicht ersichtlich, wieso den Kirchen in diesem Kontext ihr eigenes Arbeitsrecht zugestanden wird.

          • Dem zweiten Punkt kann ich voll zustimmen, dem ersten Punkt nur, insoweit es Krankenhäuser oder so betrifft. Daneben sind soziale Einrichtungen meines Erachtens aber mehr als „nur“ jene Einrichtungen, die im Grunde voll wirtschaftlich arbeiten. Es gibt ja auch Suppenküchen, Secondhandshops oder Bahnhofsmissionen. Und da bin ich mir nicht sicher, ob die sich wirklich alle ganz alleine tragen können.

            • Das kann schon arithmetisch nicht passen.

              https://www.ibka.org/infos/ksteuer.html

              5-8% für soziale Zwecke. Das sind Peanuts. Auch Suppenküchen und Bahnhofsmissionen bekommen staatliche Zuschüsse!!!

              Siehe z.B. auch die GuV der Caritas für 2013 (die hab ich schnell gefunden):

              I. Zuschüsse

              1. Kirchliche Zuschüsse 8.493.372,74

              2. Zuschüsse der EU 2.492.186,83

              3. Bundeszuschüsse 59.908.418,09

              4. Sonstige Zuschüsse 9.938.033,31

              Bundeszuschüsse also rd. 750% der kirchlichen Zuschüsse. Link hier: http://www.caritas.de/diecaritas/deutschercaritasverband/verbandszentrale/geschaeftsbericht/2013

              • Wo ist der Widerspruch? Mit Ihren Zahlen belegen Sie ja meine Vermutung, dass für diese Bereiche Kirchenmittel (Kirchensteuer) verwendet werden.

                • Das sind bei der Caritas zehn Prozent. Hinzu kommt, dass das Budget der Kirchen mit Zuschüssen außerhalb der Kirchensteuer aufgefüllt wird. Daher ist 10% zu hoch gegriffen.

                  Informationen von der EKD hierzu: (EUR und %)

                  Kirchensteuer und Gemeindebeitrag 5.200 50,8

                  Kollekten, Opfer und Spenden 310 3,0

                  Entgelte für kirchliche Dienstleistungen (z.B. Elternbeiträge in Kindereinrichtungen, Schulgeld, Friedhofswesen, sonstige Erträge) 1.260 12,3

                  Vermögenseinnahmen (Mieten, Pachten, Kapitalerträge) 750 7,3

                  Fördermittel und Zuschüsse von Dritten 1.900 18,6

                  Investitionszuschüsse 50 0,5

                  Staatsleistungen 264 2,6

                  Sonstiges (Darlehen, Rücklagen) 500 4,9

                  Einnahmen insgesamt 10.234 100,0

                  http://www.ekd.de/statistik/finanzen.html

            • Ich will nochmals auf den Punkt des Arbeitsrechts eingehen.

              So haben Mitarbeiter der Kirchen kein Recht auf Streik bzw. Arbeitsrechtskämpfe, da sie "unvereinbar mit dem Dienst am Nächsten" seien.

              Was ich aber interessant finde, ist dass durch die Mitarbeitervertretungen (anstelle von Betriebsräten) ein hoher bzw. sogar höherer Grad der Mitbestimmung herrscht als in anderen Betrieben bzw. im öffentlichen Dienst, was ich wiederum sehr gut finde.

              Klar stellt man sich die Frage, warum hier gesonderte Rechte gelten. Aber wenn das System funktioniert – warum sollte man das ändern?

              • Die Frage ist ja nicht nur, wie die Arbeitsbedingungen ausgestaltet sind, sondern auch, wer den Arbeitsplatz bekommt. Ich würde daher nicht von einem funktionierenden System sprechen, solange Kriterien wie „Wiederverheiratet“ bei der Anstellung in Berufen wie Krankenpfleger zum Problem werden.

  • Die Kirchensteuer wird zwar vom Staat eingetrieben (hier kann man eine Vermengung sehen), ist aber dennoch der Beitrag für die jeweilige Kirchenmitgliedschaft. Die Kirchensteuer steht deshalb für mich auch einem etwaigen Trennungsgebot nicht entgegen.

    Darüber hinaus ist unser Staat nicht auf Trennung, sondern das Miteinander von Staat und Kirche ausgelegt, wie es auch schon die Präambel des Grundgesetzes verdeutlicht: „Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen.“

    Beste Grüße, Mister Ede

    • Hallo, Mister Ede, gerade weil die Kirchensteuer ein Mitgliedsbeitrag für eine nichtstaatliche Organisation ist, dürfte der Staat kein Jota damit zu tun haben. Ursprünglich beschränkte sich gemäß Artikel 137 der Weimarer Verfassung (der durch Artikel 140 Bestandteil unseres Grundgesetzes ist) die Mitwirkung des Staates auf die Weitergabe der Steuerlisten an die Kirchen. Von einer Inanspruchnahme des Staates, der Arbeitgeber und der Banken für die Kirchen ist in diesem Artikel keine Rede.

      Als das Grundgesetz verfasst wurde, gehörten etwa 96% der Bevölkerung einer der beiden Großkirchen an. Die Autoren des GG konnten davon ausgehen, dass ein Verweis auf Gott für die meisten Menschen eine Bedeutung hat. Mittlerweile sind 36% konfessionsfrei und insgesamt 42% der Bevölkerung weder katholisch noch evangelisch. Speziell konfessionsfreie Menschen sehen keine Veranlassung, sich von einem Gott in die Pflicht nehmen zu lassen, dessen Existenz sie bezweifeln oder von dessen Nichtexistenz sie überzeugt sind. Der Gottesbezug in der Verfassung ist veraltet, und das Miteinander von Staat und Kirchen diskriminiert Andersgläubige und Konfessionsfreie.

      • Hallo Frau Kortmann,

        die Frage "Volkskirche oder nicht", "Kirchensteuer oder nicht", ist keine Glaubensfrage. Ich selbst habe ein Jahr lang in einer deutschsprachigen ev. Auslandsgemeinde, die als Freiwilligkeitsgemeinde organisiert war, gelebt. 200 Familien waren Mitglieder, und es war das lebendigste, selbstbestimmteste Gemeindeleben, das ich kennen gelernt habe.

        Ich könnte mir dieses freikirchliche Prinzip auch für die ev. Kirche in Deutschland vorstellen. Nur würde sich damit die ev. Kirche nicht aus der Verantwortung stehlen für all die Kirchengebäude, Gemeindehäuser, Pfarrhäuser, Pfründe und sie dem Staat überlassen müssen, der vor der Frage stünde, erhalten oder verkaufen, was aber auch leichter gesagt ist als getan? Vor allem stünde der Staat dann nicht möglicherweise vor dem Vorwurf, Kulturerbe zu vernichten ? Bei geschichtlich Gewordenem lässt sich nicht einfach ein Schnitt machen. Es war am Anfang des 19. Jh.s nach umfassender Säkularisierung der Staat selbst, der die Kirchengemeinden aufforderte, per Gemeindesteuer sich selbst zu finanzieren, woraus sich die Kirchensteuer entwickelte.

        Außerdem ist dem Staat daran gelegen, dass eine Religionsgemeinschaft eine Körperschaft des Öffentlichen Rechts ist. Als Gegenüber, als Ansprechpartner, als Verhandlungspartner. Und weil eine so organisierte Religionsgemeinschaft in gewisser Weise auch unter seiner Aufsicht steht. Wenn Muslime in Deutschland sich als Körperschaft des Öffentlichen Rechts organisieren würden, könnten sie dieselben Rechte genießen wie die ev. und die kath. Kirche bis hin zum Steuereinzug, islam.-theolog. Fakultäten an den Universitäten, Seelsorgern in den Krankenhäusern und Gefängnissen usw.

        Aber vielleicht - und wäre das in Ihrem Sinn?- sollten den Christen in Deutschland die aus der Geschichte überkommenen Pflichten egal sein zugunsten einer Mitglieder-Gesundschrumpfung und eines lebendigen Gemeindelebens in kleinen Basisgemeinden, freikirchlich und vollkommen unabhängig vom Staat...

      • „Speziell konfessionsfreie Menschen sehen keine Veranlassung, sich von einem Gott in die Pflicht nehmen zu lassen, dessen Existenz sie bezweifeln oder von dessen Nichtexistenz sie überzeugt sind.“

        Wie kann man sich von etwas in die Pflicht nehmen lassen, das nicht existiert? Nehmen Sie es mit dem Gottesbezug doch einfach locker. Außerdem gibt es im Verhältnis Staat/Kirche doch wahrlich genug tatsächliche Probleme, z.B. das kirchliche Arbeitsrecht in den weltlichen Berufen (Krankenhaus, Kindergarten, Pflegeheim).

  • mia ist dagegen
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    Hallo Frau Kortmann, natürlich sind Kirchensteuern Mitgliedsbeiträge und tragen auch zu Kirchenaustritten bei.Mir ist nicht bekannt, dass eine Kirche je erklärt hätte, die Steuer diene nur sozialen Zwecken.Ein Kirchenaustritt erfordert keinen Aufwand bei Notar oder Gericht, sondern nur eine schriftliche Erklärung bei der Kirchenverwaltung.Dass ein in Deutschland arbeitender Franzose nach deutschen Richtlinien besteuert wird halte ich für normal. Es stünde ihm frei, hier seinen Austritt zu erklären.Im Moment befindet sich Luxemburg in dieser Änderungsphase,die das Verhältnis zwischen Staat und Kirche neu regelt

    • Hallo mia,

      es ist schon so, dass der Kirchenaustritt bei einem Amtsgericht oder bei einem Notar förmlich erklärt werden muss. Je nach Bundesland nimmt die Behörde eine Gebühr von 10 bis max. 50 E. (Das entspricht der Gebühr für das Ausstellen von Personalausweisen, Pässen, Führerscheinen etc.)

      Die Kirchen erfahren leider erst zu ihrem Leidwesen Monate später von den Austritten namentlich. Sie hätten gern vorher von der Austrittsabsicht erfahren. Sind es nur einfach finanzielle Gründe, oder spielt eine Enttäuschung durch ihre Kirchengemeinde, spez. durch den Pfarrer/ die Pfarrerin eine Rolle?

    • Mir ist nicht bekannt, dass eine Kirche je erklärt hätte, die Steuer diene nur sozialen Zwecken.

      Es kommt öfter vor, dass die Kirche erklärt, sie bestreite aus der Kirchensteuer auch ihr soziales Engagement. Zum Beispiel im Bistum Regensburg: "Aus den Diensten, die die Kirche erbringt, werden keine Einnahmen für die Kirche gewonnen, sondern aus kirchlichen Mitteln (Kirchensteuer, Spenden) werden soziale Dienste mitfinanziert.“ Und „Der zweitgrößte Posten sind die Ausgaben für soziale Dienste, zum Beispiel der Unterhalt von Kindergärten.“ [http://www.bistum-regensburg.de/typo3conf/ext/mediathek_main/uploads/3/FAQsKirchensteuer.pdf]. Tatsächlich zahlen die Kirchen für Caritas und Diakonie nur etwa 2% der Kosten. [Carsten Frerk, Violettbuch Kirchenfinanzen] Oder beim Erzbistum Köln: „Durch Ihre Kirchensteuer tut die katholische Kirche viel Gutes in den Gemeinden, den sozialen Einrichtungen, den Schulen, den Beratungsstellen und an vielen weiteren Orten.“ [http://www.erzbistum-koeln.de/erzbistum/finanzen/kirchensteuer/] Die öffentliche Wahrnehmung ist (oder war es bis vor kurzem; langsam bröckelt diese Überzeugung), dass die Kirchen die Einrichtungen, die sie unterhält, auch finanziell tragen. Ein Beispiel: Als 2012 in Königswinter die Kirche der Leiterin eines katholischen Kindergartens wegen Wiederheirat kündigte und die empörten Eltern Wege suchten, dagegen vorzugehen, waren sie sehr erstaunt, dass der Kindergarten vom Land, von der Kommune und den Eltern bezahlt wurde. Durch den irreführenden Begriff „in katholischer Trägerschaft“ waren sie bis dahin der Meinung gewesen, die Kirche käme dafür auf (nachzulesen in „Gott hat hohe Nebenkosten“ von Eva Müller).

      Ein Kirchenaustritt erfordert keinen Aufwand bei Notar oder Gericht, sondern nur eine schriftliche Erklärung bei der Kirchenverwaltung.

      Das stimmt leider nicht, es geht nur beim Amtsgericht, also einer staatlichen Stelle, oder durch ein notariell beglaubigtes Schreiben. Als Beispiel können Sie von berlin.de das merkblatt_kirchenaustritt.pdf herunterladen, in dem das Procedere für Berlin beschrieben ist. Dort ist auch vermerkt, dass der Austritt (wie in fast allen Bundesländern) gebührenpflichtig ist.

      Dass ein in Deutschland arbeitender Franzose nach deutschen Richtlinien besteuert wird halte ich für normal.

      Steuern sind ok. Sie haben mir aber zugestimmt, dass es sich nicht um eine Steuer handelt, sondern um einen Mitgliedsbeitrag. Und der Franzose ist nicht Mitglied einer deutschen Kirche. Er ist ihr niemals beigetreten. Er ist nicht einmal Mitglied einer französischen Kirche. Was sind das für verquere Regeln, nach denen jemand zwangsweise und ohne sein Wissen zum Mitglied einer Glaubensgemeinschaft erklärt wird, deren Glauben er nicht teilt? Und dann noch dafür zur Kasse gebeten wird? Das zeigt doch, dass selbst der Kirche der Glauben ihrer Mitglieder nicht so wichtig ist wie das Geld, das sie von ihnen kassieren können. Ich halte es für eine Selbstverständlichkeit, dass eine Mitgliedschaft - in welcher Organisation auch immer - erst durch eine Beitrittserklärung zustande kommt. Man ist ja auch nicht automatisch Mitglied einer Partei oder eines Fußballvereins, nur weil die Eltern es sind, sondern muss eine Willenserklärung dafür abgeben.

      Es stünde ihm frei, hier seinen Austritt zu erklären.

      Selbstverständlich hat er dies getan, als er die Abbuchungen von seiner Lohnsteuer entdeckt und den Grund dafür ermittelt hatte. Allerdings ist es schon kurios, aus einem Verein auszutreten, in dem man gar nicht Mitglied ist.

      • Hallo Frau Kortmann, hier die Antworten zu Ihren Kommentaren bezüglich meiner Sätze:

        1. Meine Aussage wird von Ihren Ausführungen nicht negiert.

        2. Hier haben Sie überwiegend recht, weil meine Aussage nur in Bremen eine Möglichkeit ist. Aber in 12 Bundesländern kann der Austritt einfach (ohne Notar, ohne Amtsgericht) beim Standesamt erklärt werden. Gebühren dafür sind vom Verfassungsgericht gestattet.

        3. Dieser spezielle Fall hat- wie Sie wohl wissen- mit der Sicht der Kirche (seit fast 2000 Jahren) zu tun, dass man durch die Taufe Mitglied wird.

  • Liebe Frau Kortmann,

    der Kirchensteuer-Einzug mit der Einkommenssteuer ist eine Dienstleistung des Staates für die Kirchen in Deutschland, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. Der Staat lässt sich diese Dienstleistung mit 2 % der erhobenen Kirchensteuer bezahlen.

    Niemand ist gezwungen, Kirchenmitglied zu sein oder zu bleiben. Es ist ganz einfach, seine Kirchenmitgliedschaft zu kündigen. Dann zahlt derjenige auch keine Kirchensteuer mehr. Warum haben Sie da datenschutzrechtliche Befürchtungen? Wir leben doch nicht mehr in einer Zeit, wo die Nicht-Mitgliedschaft in einer Kirche und das Bekenntnis, aus der Kirche ausgetreten zu sein, sich diskriminierend auswirken könnte.

    Die Kirchensteuer erwecke den falschen Eindruck des sozialen Engagements der Kirchen, meinen Sie. Sie wissen sicher von der Flüchtlingshilfe der Kirchen, von der Obdachlosenhilfe, vom "Warmen Essen", von den Kleiderkammern, von "Laib und Seele", von der "Kältehilfe" u.v.a.m. Hier setzen sich auch viele Ehrenamtliche ein, die für ihr Engagement nichts verdienen. Wenn der Staat alle diese Aufgaben allein schultern müsste, würde es den Staat m.E. sehr viel mehr kosten, weil er all die bisher Ehrenamtlichen als Angestellte entlohnen müsste. Ich denke nicht, dass so viele Menschen für staatliche Einrichtungen ehrenamtlich arbeiten würden, wie sie das im Raum der Kirchen tun.

    Die Kirchensteuer trägt auch zum Erhalt der Kirchengebäude bei. Es gibt unzählige Kirchen in Deutschland, in allen Städten und Dörfern. Natürlich kann man der Ansicht sein, dass sie einer vergangenen Zeit angehören und nicht erhaltenswert sind. Warum sollten sie erhalten, renoviert und instand gesetzt werden? Einen unmittelbaren Nutzen für die Gegenwart hat das nicht. Gottesdienste können auch in einer von 7 Dorfkirchen abgehalten werden. Die andern 6 kann man verfallen lassen. Die Frage ist, was sind sie uns wert, was ist uns die Kulturgeschichte wert (und es sind manchmal erstaunliche Merkmale der Architektur, der Wandmalerei, der Altäre, der Bilder, die auch noch die kleinste Dorfkirche auszeichnen)?

    Ich bin mir nicht sicher, ob die Kirchen in Deutschland ohne die Kirchensteuer den "Apparat Kirche" aufrecht erhalten könnten, der nötig ist, weiter so ihren sozialen und kulturellen Aufgaben gerecht zu werden.

    • Man könnte sich darauf einigen, die Kirchengebäude dem Staat zu übertragen welcher für die Instandhaltungskosten aufkommt. Diese könnten dann von den Kirchen zurückgemietet werden.

      • Hallo economics101,

        gut finde ich, dass Du grundsätzlich für die Erhaltung von Kirchengebäuden bist. Auch diese Einstellung ist sicher strittig angesichts der Kirchenferne der meisten Menschen in Deutschland. Kirchengebäude sind für Dich so etwas wie erhaltenswertes Kulturgut?

        Dass der Staat die ca 45 OOO Kirchen in Deutschland übernimmt und sie an die ev. und kath. Kirchengemeinden vermietet, wäre sicher eine Erleichterung für die ev. und die kath. Kirche, aber eine große finanzielle Verpflichtung des Staates und aller Steuerzahler, womit viele Steuerzahler sicher nicht einverstanden wären.

        Bisher ist es andersherum. Die beiden großen Kirchen sind Eigentümer großer und kleiner Kirchen und kümmern sich um ihren Erhalt. Den sie aber nicht aus Kirchensteuermitteln allein schaffen. Sie brauchen Sponsoren, Spender, Stiftungen usw.

        Ich denke nur an den Berliner Dom, der der ev. Kirche gehört. Ca 1400 Gemeindemitglieder müssen die ca 100 000 E laufenden jährlichen Instandhaltungskosten stemmen. Da sind noch keine Sonderausgaben wie die Vergoldung des Kreuzes auf der Kuppel drin. Die Gemeinde muss nun ihrerseits durch die Vermietung an Konzertveranstaltungen, nichtkirchliche staatliche Veranstaltungen und durch Eintrittspreise für Besucher, die den Dom nur besichtigen wollen, versuchen, Geld aufzutreiben.

        Das erregt natürlich Kopfschütteln bei den Besuchern. Sie fragen sich, genau wie ich neulich, die ich mit einer Freundin nur einen kurzen Blick in die Kirche werfen wollte, warum sie als Kirchensteuerzahler 7 E Eintritt bezahlen sollen.

        Unsere Vorfahren in Deutschland, die noch kirchlicher eingestellt waren als wir, haben uns mit den vielen Kirchengebäuden ein kostspieliges Erbe hinterlassen. Wenn der Staat es aus kulturellen Gründen übernimmt, werden auch Menschen heute, die mit der Kirche nichts mehr am Hut haben, mit ihrer Steuer mit zum Erhalt gezwungen.

        Ist es nicht besser, die Kirchen kümmern sich weiter darum und versuchen, über die Kirchensteuer hinaus, die nicht reicht, eine Finanzierung hinzubekommen? Den Staat kommt es wahrscheinlich etwas günstiger.

        • Hallo Doro,

          ich kann deinen Standpunkt durchaus nachvollziehen. Es gibt sicherlich einige Kirchen, bei denen der Erhalt auch als Gotteshaus durchaus gerechtfertigt ist und als Allgemeingut verstanden werden kann. Zum Beispiel der Berliner Dom, da bin ich ganz bei dir.

          Die Frage ist, ob wirklich in jedem Dorf eine Kirche vom Staat finanziert erhalten werden muss. Und auch, ob dies unbedingt in der ursprünglichen Nutzungsform erfolgen muss. Soweit mir bekannt ist, haben die zum Beispiel die Iren eine ganze Zahl ihrer Kirchen umgewidmet und Clubs, Wohnungen, etc. dort eingebaut. Wäre das nicht auch eine Version für Deutschland?

          • Hallo economics101,

            danke für Deine Antwort. Der Staat, wenn ihm all die Kirchen gehörten, stünde tatsächlich vor der Frage einer Umwidmung vieler von ihnen.

            Aber auch jetzt schon gibt es die Überlegung bei den Kirchen als Eigentümern. Die kath. Kirche hat sich in Berlin z.B. schon von einigen Kirchengebäuden neueren Datums getrennt. Aus einem Kirchengebäude wurde ein Supermarkt. Ev. Kirchen wurden anderen Religionsgemeinschaften verkauft. Z.B. wurde in Potsdam eine ev. Kirche zur Synagoge umgewidmet. Eigentlich ganz schön, wenn man sie schon selbst nicht mehr erhalten kann.

            Es ist auf jeden Fall ein schmerzhafter Prozess. Und ich denke, bei alten Dorfkirchen ganz besonders. "Die Kirche im Dorf lassen" - ich vermute, bei einer anstehenden Umwidmung würden alle Dorfbewohner ihre "Religion im Erbe" (Ernst Bloch) entdecken, ganz abgesehen davon, dass, wie ich die Erfahrung gemacht habe, noch die kleinste alte Kirche im kleinsten Dorf ein wichtiges Zeugnis einer vergangenen Geschichte ablegt. Im Übrigen engagieren sich auch die bekennenden und praktischen Atheisten in einem Dorf in einem erstaunlichen Maße ehrenamtlich für ihre Kirche, wie man es in den Bundesländern der ehem. DDR beobachten kann. Handwerker arbeiten kostenlos usw. In den Gottesdienst gehen sie deswegen nicht, aber es ist doch irgendwie bemerkenswert zu sehen, wie sie an dem Gebäude hängen.

            Dein Denkanstoß ist richtig. Die Frage einer Umwidmung von Kirchen führt ins Nachdenken über Tradition und säkularisierte Welt heute.

            • Hallo Doro,

              Umwidmungen in Berlin waren mir bis dato nicht bekannt. Vielen Dank für die Information :)

  • Ich finde es nicht in Ordnung, sollten Menschen tatsächlich so in die Kirchensteuer gezwungen werden.

    Ansonsten ist die Kirchensteuer natürlich insofern von Vorteil, dass sie wie die Einkommenssteuer auch einkommensabhängig funktioniert. Wer mehr verdient, zahlt mehr.

    Ich kann deshalb verstehen, warum die Kirchen lieber an dieser Steuer festhalten wollen und nicht einfach sagen, die Menschen zahlen nach eigenem Ermessen für ihre Gemeinde. Würde dann zu Tage treten, dass die Menschen viel weniger zahlen wollen? Gibt es da Prognosen? Andererseits schaffen es Kirchen in anderen Ländern ja auch ohne Kirchensteuer nicht unbedingt arm zu sein.

    • Ein weiteres Beispiel, wie die Kirche von Nicht-Mitgliedern kassiert, findet man unter http://www.wormser-zeitung.de/lokales/worms/nachrichten-worms/dank-kreuzchen-im-behoerdendschungel-wormser-ist-konfessionslos-muss-aber-trotzdem-kirchensteuer-zahlen_15004684.htm. Im Widerspruch zu unserer gängigen Rechtsauffassung muss nicht die Kirche beweisen, dass der Mann getauft wurde und somit nach ihrem Verständnis ein Mitglied ist, sondern er muss beweisen, dass er es nicht wurde. Was schwierig ist, wenn die in Frage kommenden kirchlichen Einrichtungen eine entsprechende Bescheinigung einfach nicht ausstellen. Die saubere Lösung wäre eine Mitgliedschaftsregelung, die auf der bewussten und mündigen Entscheidung des künftigen Mitglieds beruht.

      Erhebungen und Schätzungen zur Zahlungsbereitschaft der Kirchenmitglieder sind mir nicht bekannt. Allein die Tatsache, dass viele vermuten, die Beiträge würden erheblich spärlicher fließen, zeigt doch, dass die Kirchen für die Menschen nicht mehr sonderlich attraktiv sind.

      • Hallo Frau Kortmann,

        beim Kirchenaustritt muss niemand seine Taufbescheinigung vorlegen.

        • Hallo, Doro, der Mann sollte beweisen, dass er NICHT getauft wurde. Die angefragten Pfarrämter wollten ihm darüber keine Bescheinigung ausstellen (selbstredend jedes für den eigenen Bezirk).

          • Hallo Frau Kortmann,

            der Fall scheint mir sehr speziell zu sein.

  • Gerade konfessionsfreie Menschen sollten nun wirklich kein Problem mit der Kirchensteuer haben, weil sie davon ja gar nicht betroffen sind. Bei all den geschilderten Fällen handelt es sich entsprechend ja auch nicht um Probleme mit der Kirchensteuer, sondern um Probleme beim Kirchenaustritt.

    Und ansonsten gilt doch, wer kein Kirchenmitglied ist, der zahlt eh keine Kirchensteuer und wer Kirchenmitglied ist, der wird so oder so einen Beitrag leisten müssen, weil sich, plakativ gesagt, der Kölner Dom halt nicht durchs Beten restaurieren lässt. Und warum sollte man jetzt ein ziemlich effizientes und gerechtes System ändern, nur weil es „trennungsdogmatisch“ sauberer wäre?

    Was würde sich durch eine Abschaffung der Kirchensteuer denn ändern?

    Für Nicht-Kirchenmitglieder würde sich rein gar nichts ändern und dafür hätten die Kirchen dann wahrscheinlich ein ungerechteres (z.B. nicht einkommensabhängiges), ineffizienteres (komplett eigene Verwaltung nötig), betrugsanfälligeres und instabileres (wie z.B. bei Rundfunkgebühren) System zur Eintreibung der Mitgliedsbeiträge.

    Wer kann das denn ernsthaft wollen? Dem einen nützt es nichts und dem anderen schadet es.

    Austritt/Migration Wenn ich aus dem Text ein Problem erkenne, dann, dass einigen Menschen die Rechtslage in diesem Bereich nicht bekannt ist. Da sehe ich also durchaus Nachholbedarf und gerade Organisationen wie der IBKA sollten hier mehr und besser aufklären.

    P.S. Normal bekommt man als Kirchenmitglied ja auch regelmäßig Gemeindebriefe oder so. Ich weiß zwar nicht ob das flächendeckend der Fall ist, aber wenn ja, dann frage ich mich schon, wie man da dann nicht mitbekommen kann, dass man Mitglied in einer Kirche ist.

    • Bei all den geschilderten Fällen handelt es sich entsprechend ja auch nicht um Probleme mit der Kirchensteuer, sondern um Probleme beim Kirchenaustritt.

      Es geht nicht um den Kirchenausstritt, sondern darum, dass es keinen Beitritt gibt. Konfessionsfreie Menschen werden einfach ohne ihre Einwilligung zu Kirchenmitgliedern deklariert und zur Beitragszahlung aufgefordert. Die daraus erwachsende Zahlungspflicht (die mit staatlicher Härte durchgesetzt wird) können sie nur dadurch beenden, dass sie aus einem Verein austreten, in dem sie gar nicht Mitglied sind. Das betrifft sowohl Menschen, die ihren Austritt nicht mehr nachweisen können (sie müssen für mehrere Jahre nachzahlen), als auch Menschen, die nie Mitglied gewesen sind. Natürlich können sie kostenpflichtig austreten (nachdem sie abkassiert wurden).

      Und ansonsten gilt doch, wer kein Kirchenmitglied ist, der zahlt eh keine Kirchensteuer

      Auch das trifft nicht zu: Wenn in einer Ehe nur einer von beiden Mitglied einer Kirche ist, so richtet sich bei gemeinsamer Veranlagung die Kirchensteuer nach dem Einkommen des Hauptverdienenden – er (oder sie) zahlt also im Zweifelsfall an einen Verein, in dem er (sie) nicht Mitglied ist. Grundlage dafür ist das "besondere Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe".

      dafür hätten die Kirchen dann wahrscheinlich ein …ineffizienteres (komplett eigene Verwaltung nötig)… System zur Eintreibung der Mitgliedsbeiträge.

      Mit anderen Worten: Die Kirche spart, wenn sie den Staat für das Inkasso einspannt. Ein Geschenk auf unser aller Kosten an die Kirchen.

      …, dass einigen Menschen die Rechtslage in diesem Bereich nicht bekannt ist. Da sehe ich also durchaus Nachholbedarf

      Das Problem ist nicht die Unkenntnis der Gesetzeslage, sondern die Gesetzeslage selbst. Sie privilegiert einzelne religiöse Gemeinschaften und macht den Staat zum Vollstrecker kirchlicher Wünsche.

      • Zu Punkt 1: Sofern tatsächlich konfessionsfreie Menschen einfach ohne ihre Einwilligung zu Kirchenmitgliedern deklariert und zur Beitragszahlung aufgefordert werden, kann ich den Ärger völlig nachvollziehen. Allerdings hoffe ich, dass wir uns darauf einigen können, dass so etwas die Ausnahme und nicht der Standard ist.

        Zu Punkt 2: Die gemeinsame Veranlagung ist eine steuerrechtliche Option für Eheleute, niemand ist zu ihr gezwungen.

        Zu Punkt 3: Sofern es korrekt ist, dass die Kirchen den Staat für den Einzug auch an den Einnahmen der Kirchensteuer beteiligen, ist es doch eine Win-Win-Situation, also zum Nutzen von uns allen.

        Zu Punkt 4: Das ist eben Ihre Ansicht, die ich, bezogen auf die Existenz der Kirchensteuer, aus genannten Gründen nicht teile.

        • Hallo Ede,

          zu Punkt 1: Ich fürchte, dass das nicht die Ausnahme ist. Meiner Verlobten ist dasselbe passiert.

          zu Punkt 2: Das hat meines Wissens mit der gemeinsamen Veranlagung nichts zu tun und ist hiervon unabhängig.

          zu Punkt 3: Die Frage ist, ob die Kosten für den Staat höher oder niedriger sind als die Einnahmen. Diese Frage wird keiner beantworten können fürchte ich.

  • „Gleichwohl lässt der Staat sich (außer in Bayern) dazu ausnutzen, die Kirchensteuern als Zwangsabgaben durchzusetzen.“

    Diesen Satz verstehe ich nicht. Gibt es in Bayern keine Kirchensteuer oder wie ist der Satz zu verstehen?

    • Danke für den Hinweis. Eine Kirchensteuer gibt es ausnahmslos in allen Bundesländern. In fast allen wird Kircheneinkommensteuer anhand des Einkommenssteuerbescheids vom Finanzamt festgesetzt und eingezogen. In Bayern allerdings wird die Kirchensteuer in gesonderten Steuerbescheiden kircheneigener Kirchensteuerämter festgesetzt. In meiner Quelle las sich das so, als würde sie auch von ihnen eingezogen werden. Die Besonderheit in Bayern bezieht sich aber nur auf die Festsetzung der Höhe der Steuer, nicht auf den Einzug durch staatliche Stellen.